Light my fire – ein kurzer Besuch auf der Stage.Set.Scenery Fachmesse
Laut Peter Brook braucht es für Theater nur zwei Dinge: einen Schauspieler, der einen Raum durchschreitet, und einen Zuschauer, der bereit ist, ihm dabei zuzusehen.
Nicht nur ein an höheren Zuschauerzahlen oder einem diversen Ensemble interessiertes Theater mag ihm da widersprechen. Auch beim Besuch der Stage.Set.Scenery bekommt man den Eindruck, diese Sichtweise sei weder zeitgemäß – noch rentabel für die zahlreichen AusstellerInnen. Aber auch wenn sich hier vieles um längere Akkulaufzeiten und dichteren Bodennebel dreht, geht es bei einem Besuch immer auch um die Suche nach Ideen und den Wunsch Räume zu erschaffen, die für Momente die SchauspielerInnen und ihre Texte lebendig werden lassen.
Die Stage.Set.Scenery findet alle zwei Jahre in Berlin statt und versteht sich als „internationale Fachmesse und Kongress für Theater-, Film- und Veranstaltungstechnik“. Sie wird in Kooperation mit der Deutschen Theatertechnischen Gesellschaft (DTHG) konzipiert.
Zwei Tage lang haben bzw. hatten Bühnen-, Veranstaltungs-, Licht- oder TontechnikerInnen, Bühnen- und KostümbildnerInnen oder einfach nur Interessierte Zeit sich aktuelle Technik, neue Stoffe, besseren Bodennebel uvm. anzuschauen und vielleicht zu überlegen ob das immerzu klamme Theaterbudget etwas von den tollen Sachen hergebe. Wenn man nicht gerade ein sehr ausgeprägtes Interesse für technische Prozesse und Apparaturen hat, dann kriegt diese Messe schnell etwas nerdiges. Bühnenzargen, Lenkrollen oder Sicherungstechnik spielen zwar oft eine Rolle in der bühnenbildnerischen Praxis, aber die meisten BühnenbildnerInnen sind dann doch froh wenn sie derlei technische Fragen an das jeweilige fachlich versierte Personal abgeben können. Dabei hat es durchaus seinen Reiz über den Tellerrand der eigenen ästhetischen Produktion hinauszuschauen. Akkubetriebene Lichtröhren und Stablampen sind schon sexy, wenn auch teuer. Auch Bodennebel verzückt viele Theaterschaffenden (und schafft in den Messeräumlichkeiten ein Hauch an erfrischender Absurdität).
Produzenten von VR-Brillen luden zum Selbstversuch und man konnte mit den Software- Experten von Nemetschek/Vectorworks das eine oder andere Problem besprechen. Zudem gab es VertreterInnen von diversen Verbänden und Hochschulen, wie der HfBK Dresden oder dem wie immer sehr umtriebigen Bund der Szenografen, mit denen man ins Gespräch kommen konnte.
Verschiedene Vorträge und Panels setzten auch einen inhaltlichen Rahmen und gaben Einblicke in aktuelle Diskussionen zu Theaterneubauten, Nachhaltigkeit oder Restauration und neue themenbezogene Forschungsbereiche. Beispielsweise stellten Franziska Ritter und Pablo Dornhege Resultate aus der gemeinsamen Arbeit mit den Szenografie-StudentInnen der TU Berlin vor: Gemeinsam entwickelten sie VR- (virtual reality) und AR- (augmented reality) gestützte Zugriffe auf historisches Material nicht mehr existenter Theatergebäude. Am Beispiel des „Großen Schauspielhaus“ in Berlin (unter den Nationalsozialisten zum „Theater des Volkes“ gemacht und 1986 abgerissen) ging es um die Sichtbarmachung der Architektur, aber auch um ihre kulturelle Nutzung und den Geschichten der damaligen AkteurInnen. Ein interessantes Projekt, dass sich lohnt weiterzuverfolgen. Wer am aktuellen Stand interessiert ist, kann sich hier informieren:
https://heritage.dthg.de/resources/Im-materialTheatreSpaces.pdf
Schlussendlich kann man dem guten Peter Brook schon beipflichten – um Theater zu machen, braucht es erst einmal nicht viel. Um unser modernes Theater, seine Institutionen und auch Aufführungspraxen weiterzudenken, lohnt es sich aber ein Verständnis oder zumindest Interesse unserer technischen Möglichkeiten und Grenzen zu haben. Und vielleicht erfindet ja pünktlich zur nächsten Stage.Set.Scenery vom 15. bis 17. Juni 2021 noch der eine oder die andere gewiefte BühnenbildnerIn den sagenumwobenen „Siemens-Lufthaken“ und lässt die Fachwelt und BühnenmeisterInnen mal staunen.